Leitbild

Fremde Heimat Kirche – Heimatkirche in der Fremde

Die Deutschsprachige Evangelische Gemeinde (DEG) in Kairo und ganz Ägypten wurde
am 03. 11. 1864 gegründet.

Zentraler Auftrag und Verortung

Die DEG gibt als Auslandsgemeinde deutschsprachiger Prostestantinnen und Protestanten in Ägypten eine Heimat in der Fremde. Die zentrale Aufgabe der Gemeinde ist die Verkündigung des Evangeliums durch Wort und Tat. Das geschieht durch das Feiern von Gottesdiensten und Festen im Kirchenjahr, durch Kasualien, Seelsorge und die Bereitstellung diakonischer sowie kultureller Angebote.

Allgemeine Bestimmungen der Gemeindesatzung beschlossen am 25.04.1993 und abgeändert am 14. 01. 2007:

§ 1 In der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde in Kairo und ganz Ägypten haben sich evangelische Christen und Christinnen zusammengeschlossen, damit das Evangelium gepredigt, die Sakramente verwaltet, die Jugend unterwiesen, Seelsorge geübt und der Dienst christlicher Liebe verwirklicht werde.
§2 Das Gebiet der Gemeinde erstreckt sich auf Kairo und Alexandria und ferner, solange sich da selbst keine eigenständigen Gemeinden gebildet haben, auf weitere Gouvernorate.

Zielgruppe und Mitglieder

Die DEG erfasst eine heterogene Zielgruppe an deutschsprachigen Protestantinnen und Protestanten. Die Gemeinde erlebt eine hohe Fluktuation ihrer Mitglieder, die temporär in Ägypten leben und arbeiten. Eine längerfristige Anbindung an die Gemeinde besteht u.a. für protestantische Frauen in bi-religiösen Ehen, deren Kinder muslimisch sind. Ebenso ermöglicht die DEG säkularisierten Deutschen in einem stark religiösen Umfeld, in dem Agnostizismus und Atheismus auf völliges Unverständnis stoßen, sich erstmals oder erneut mit der christlichen Botschaft und Tradition auseinanderzusetzen.

Struktur und Bedingungen vor Ort und Auswirkung in der Gestaltung unseres kirchlichen Auftrages

Die Umsetzung des Auftrages der DEG und die Struktur der Gemeinde sind stark geprägt durch die gesellschaftlichen, politischen, religiösen und urbanen Bedingungen der Megacity Kairo. Ein nachhaltiger Gemeindeaufbau ist schwer. Ungewohnte Faktoren wie eine stark religiös geprägte Kultur, ein anderer Wochen- und Jahresrhythmus, mannigfaltige Familienstrukturen, Alltagsrituale- und regeln in der Gesellschaft, ein uns fremdes Frauen- und Männerbild und die Diasporasituation spiegeln sich im Gemeindeleben wider:
  • Gemeinde sein in Kairo und ganz Ägypten bedeutet, in einem mehrheitlich muslimischen Kontext gemäß des Selbstverständnisses der DEG zu handeln, zu wirken und in der Fremde zu bestehen. Der christliche Missionsauftrag ist an die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Landes gebunden.
  • Da es der arabischsprachige Kontext vielen deutschsprachigen Protestantinnen und Protestanten faktisch unmöglich macht, sich in einer einheimischen koptischen Kirche zu verorten, heißt Heimat sein auch, dem Glauben eine sprachliche Heimat zu bieten.
  • Die Vielzahl der in Kairo ansässigen christlichen Gemeinden unterschiedlicher Konfessionen und Nationen eröffnet zahlreiche Möglichkeiten der Ökumene und beschränkt zugleich die faktische Zusammenarbeit. Interreligiöser Dialog auf institutioneller Ebene ist schwierig, auf persönlicher, alltäglicher Ebene aber ständig präsent. Dieser Herausforderung gilt es im Gemeindeleben Rechnung zu tragen. So eingeübte interreligiöse Kompetenz befähigt Rückkehrende für die Gemeindearbeit in der sich differenzierenden religiösen Landschaft in deutschsprachigen Ländern.
  • Die große Schere zwischen arm und reich, die in Ägypten sehr ins Auge fällt, führt zu einer engagierten diakonischen Arbeit unserer Gemeinde. Neben der Sorge um Menschen aus Ägypten kümmern wir uns auch um ausländische Gefangene und sudanesische Flüchtlinge.

Besonderheit der DEG: Trägerschaft der
Deutschen Evangelischen Oberschule (DEO)
Der Bildungsauftrag der DEG manifestiert sich neben gemeindlicher Erziehungsarbeit in der Trägerschaft der DEO, einer 1873 gegründeten, traditionsreichen Begegnungsschule, die dadurch im Kreis der Deutschen Auslandsschulen eine organisatorische und auch inhaltliche Sonderposition inne hat.
„Aus evangelischer Tradition heraus will die DEO Ort der interkultu­rellen Begegnung sein, bei der die Vergewisserung der eigenen kulturellen wie religiösen Identität zugleich Schlüssel ist für die Offenheit im Kontakt mit dem Anderen, dem Nächsten wie dem Fremden.“ (Präambel des Leitbildes der DEO).

Unsere Trägerschaft zeigt sich im Religionsunterricht, sonntäglichen Schulgottes­diensten, biblischer Unterweisung im Kindergarten, gemeinsamen besinnlichen Feiern für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte aller Religionen, interreligiöser Seelsorge, der starken Gewichtung Sozialen Lernens, der Zusammenarbeit mit dem Sozialkomitee der Schule sowie in Vortragsabenden zu interkulturellen und interreligiösen Themen. Seit dem Jahr 2000 gestalten christliche und muslimische Religionslehrer gemeinsam den Religionsunterricht für alle Schüler und Schülerinnen der Oberstufe (Kooperativer Religionsunterricht).

Gemeindeentwicklung und Planung

Als zukünftige Herausforderungen sieht die DEG:
  • Förderung des interreligiösen und ökumenischen Dialogs und Positionierung unserer evangelischen Gemeinde in einer politischen Umbruchsituation
  • verstärkte Öffentlichkeitsarbeit unter Deutschsprachigen und Ägypterinnen und Ägyptern (Öffentlichkeitsauftrag des Evangeliums) vor allem im Rahmen der anstehenden Jubiläen (2012: 100-jähriges Kirchenjubiläum, 2014: 150-jähriges Gemeindejubiläum), z.B. mit Großprojekten wie der Renovierung der historischen Walckerorgel
  • die verstärkte Einlösung des Anspruches, deutschsprachige evangelische Christinnen und Christen in ganz Ägypten zu betreuen (eventuell durch personelle Verstärkung im Bereich Rotes Meer: Dahab, Hurghada)
  • die Betreuung der wachsenden Gruppe älterer deutschsprachiger Menschen.

Kairo, Mai 2011
Quelle: Pixabay